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"Sebastian" – Barocke Pracht und tragische Poesie in einem einzigen Song
Es gibt Songs, die begleiten uns wie alte Briefe. Sie riechen nach Vergangenheit, rauschen wie Seide in dunklen Theatersälen und hinterlassen ein flüchtiges Zittern im Herzen. „Sebastian“, geschrieben von einem jungen Steve Harley, damals noch mit Straßenstaub an den Stiefeln und großem Pathos im Kopf, ist genau so ein Werk.
Noch bevor Cockney Rebel überhaupt gegründet war, entstand dieser Song irgendwo zwischen Bürgersteig, Nachtbus und Tagtraum – ein Kammerstück für die Ewigkeit, geboren aus Harley's ureigener Sehnsucht nach Größe, Bühne und Bedeutung. Als sich EMI 1973 schließlich bereit erklärt, seinem theatralischen Visionärsgeist zu folgen, wird aus der Idee ein opulentes Klanggemälde: „Sebastian“, aufgenommen mit über 50 klassischen Musikern und einem gewaltigen Chor, orchestriert von Andrew Powell, aufgenommen in den legendären Air Studios unter der Aufsicht von Neil Harrison.
Und das Resultat? Keine gewöhnliche Single. Kein Stück für zwischendurch. Sondern ein majestätischer Brokat-Vorhang, der sich öffnet zu einer Welt aus Mystik, Dramatik und brillanter Dekadenz. Die barocke Wucht, das kunstvolle Arrangement – sie sprengen jede Genre-Schublade. „Sebastian“ ist kein Rocksong, es ist ein Drama in vier Minuten und fünfzig Sekunden.
Seit seiner Veröffentlichung ist „Sebastian“ ein Fixpunkt im Kosmos von Steve Harley geblieben – ein Opus, das immer wieder bei seinen Konzerten erklingt und dabei nie alt wirkt. Besonders ergreifend: die hier gezeigte Live-Version aus dem Jahr 1989. Harley, inzwischen gereift, öffnet den Song mit einer Widmung – an seinen früheren Bassisten Paul Jeffreys, der 1988 zusammen mit seiner Frau beim Lockerbie-Attentat ums Leben kam. Eine berührende Geste. Ein Song über Verlust, Liebe, Erinnerung – auf einmal trauriger, wahrhaftiger denn je.
Wer „Sebastian“ heute hört, hört nicht nur einen Song – er hört eine Zeit, eine Haltung, ein Versprechen: Dass Musik größer sein darf als drei Akkorde und ein Refrain. Dass sie etwas will. Und etwas sagt.
The best song ever.