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Spanish Harlem – Ein Lied wie eine duftende Rose im Asphalt der Großstadt
Es gibt Orte, deren Klang allein schon Melodien in unseren Köpfen freisetzt. Spanish Harlem – offiziell East Harlem, liebevoll auch El Barrio genannt – ist so ein Ort. Ein Viertel in Manhattan, durchdrungen vom Rhythmus der spanischsprachigen Welt: Puerto Rico, Kuba, Dominikanische Republik, Mexiko – die kulturelle Vielfalt tropft förmlich aus jeder Backsteinwand. Es ist ein Viertel der Gegensätze – hart und rau, aber auch voller Musik, Seele und Herz. Und es ist der Nährboden für einen der poetischsten Songs der frühen 1960er-Jahre.
Phil Spector, das Wunderkind im Schatten von Leiber & Stoller, suchte damals noch seinen Platz in der Welt des Songwritings. Gemeinsam mit den beiden Altmeistern der Popkomposition entstand 1960 eine Nummer, die bis heute zu den großen urbanen Balladen Amerikas zählt: Spanish Harlem. Und wer wäre besser geeignet gewesen, diesem Stück seine Stimme zu leihen, als Ben E. King – der ehemalige Leadsänger der Drifters, der bereits mit Stand by Me Geschichte schrieb. Seine Interpretation von Spanish Harlem – zart, sehnsüchtig, wie auf Samt gebettet – stieg 1961 bis auf Platz 10 der Billboard-Charts.
Doch das war erst der Anfang.
Drei Jahre später, 1964, wagte sich Cliff Richard an eine deutschsprachige Version: Das ist die Frage aller Fragen. Was nach Schlagerschmonzette klingt, eroberte mit Leichtigkeit den ersten Platz der BRAVO-Charts – sechs Wochen lang! Selbst in der Übersetzung behielt der Song seine magische Aura. Ein Wunder? Vielleicht. Aber es sollte noch besser kommen.
1971 dann Aretha Franklin – die Queen of Soul – die aus der zarten Rumba ein machtvolles Statement formte. Ihre Version war kein Liebeslied mehr, sondern eine gesungene Hymne auf die Würde der schwarzen Frau, auf das Überleben inmitten der Härte des amerikanischen Großstadtdschungels. Der Text? Beinahe unverändert. Die Wirkung? Explosiv. Es ist Musik als stille Rebellion, als Herzschlag einer ganzen Bewegung.
Und dazwischen die Version, die Kennern noch heute Tränen in die Augen treibt: The Mamas & The Papas. Auf ihrem Debütalbum If You Can Believe Your Eyes and Ears (1966) verwandeln sie Spanish Harlem in pure Vokal-Poesie. Denny Doherty, dieser kanadische Himmelsbote mit der wohl schönsten Männerstimme der Sixties, haucht der Rose von Harlem Leben ein. Um ihn herum gleiten die Stimmen von Cass Elliot und Michelle Phillips wie feiner Blütenstaub im Sonnenlicht. Der Streicherteppich? Ein Traum aus Samt und Wind.
Spanish Harlem ist mehr als nur ein Song. Es ist ein Denkmal für Sehnsucht, Schönheit, Hoffnung – gewachsen aus dem Beton der Wirklichkeit. Eine Rose, die niemals welkt.