Kleiner Kerl – Ganz Groß
Gelbe Schlägermütze in den Nacken geschoben, der Blaumann mal blau, mal rot, mal grün, die Ärmel hochgekrempelt, den Putzlappen in der einen Hand, die andere am Lampenstativ, ein breites Grinsen im Gesicht – so präsentierte sich Otto. Seine Geschichte beginnt nahezu zeitgleich mit der Gründung der BRAVO anno 1956. Zu jener Zeit stand unter dem BRAVO-Logo noch Magazin für Film und Fernsehen und Otto war folgerichtig Beleuchter.
»Jetzt rede ick« hieß seine Kolumne, in der er mit deftigem Berliner Zungenschlag Ereignisse aus der Welt des Showbusiness kommentierte. Initiiert hatte die Figur der erste Chefredakteur Peter Boenisch; kreiert hatte ihn der – u.a. für die Zeitschrift Quick arbeitende – Karikaturist, ein gewisser Herr Winkler.
Peter Boenisch war es auch, der die Starwahl 1957 ins Leben rief, ohne zu ahnen, dass dieser Preis eines fernen Tages zu den begehrtesten Entertainment-Preisen der Welt zählen würde. Bei der ersten OTTO-Wahl – ausgelobt wurde der junge Preis, getrennt nach Geschlechtern, nur in der Kategorie Film – erhielten die Gewinner Medaillen, in die der kleine Beleuchter eingeprägt war. Vielleicht hatte man bei der Namensgebung des Preises das amerikanische Pendant, den Oscar, im Hinterkopf und befunden, dass der urdeutsche Name Otto einem deutschen Filmpreis durchaus zur Ehre gereichen würde.
Die Plakette wurde bis in die Mitte der 1960er Jahre als Preis beibehalten. Hinzu kamen die Kategorien TV-Schauspieler und Sänger/innen. Die Verwandlung des Talers zu einer Trophäe zeichnete sich ab, als man bei BRAVO der Meinung war, dass die Medaille zu sehr an Olympische Spiele erinnere. Zudem war der amerikanische Oscar auch eine Figur und auch deutsche Zeitschriften hatten ihre dreidimensionalen Preise: die Fernsehzeitschrift HÖRZU war in Planung zur Goldenen Kamera (Erstverleihung 1966) und der Burda-Verlag vergab schon seit 1948 sein kleines Rehkitz namens BAMBI.
Den Zuschlag des von BRAVO ausgerufenen Wettbewerbs zur Schaffung eines neuen Maskottchens erhielt Hans Held, der für eine Zeichentrickfirma arbeitete und auch schon Mecki, das Igel-Maskottchen der HÖRZU entworfen hatte. Inspiriert von der seinerzeit grassierenden Westernwelle schuf er den kleinen Indianer mit der keck in die Höhe gerichteten Feder. Ein neuer Star war geboren: Häuptling Bravo! Der bereits etablierte Name OTTO für den Preis wurde beibehalten. Überreicht wurde der Indianer erstmalig 1966.
In BRAVO Ausgabe 02 aus 1966 gibt Otto der Beleuchter mit Berliner Schnauze die 'Staffelübergabe' höchstpersönlich bekannt: »Die ehrliche Rothaut will mir diesmal treu zur Seite stehn und – det is der Knaller der Säsong! – Dafür soll er och an die Siejer der OTTO-Wahl in Jold, Silber und Bronze verliehen werden. Ick bin übazeucht, det jeder Star noch lieber den niedlichen BRAVO-Indianer kricht als nen Abjuß von meinem fülligen Körpa.«
Der Neuling in der Trophäenwelt wird im Allgäu gefertigt, ist mit Sockel 30cm hoch, wiegt 2500 Gramm und kostet wegen seines Echtgold-Überzugs circa 500 Euro.
Das Erfolgsgeheimnis des Preises gründet auch heute noch darauf, dass – sieht man einmal von den Platin-OTTOs ab – einzig und allein das Publikum über Sieg und Niederlage entscheidet. Es ist keine wie auch immer zusammengesetzte Jury am Werk, die nach feuilletonistischen, kulturpolitischen, ethischen oder sozio-esoterischen Gesichtspunkten über die Stars befindet, sondern eine vieltausendköpfige Leserschaft von BRAVO, die mit dem Herzen abstimmt.Abgestimmt wurde in der vordigitalen Zeit mittels Stimmkarten, die den BRAVO-Ausgaben beigelegt waren; heute bedient man sich der modernen Kommunikations-Möglichkeiten und der diversen Social-Media-Kanäle und ruft zum Online-Voting auf.