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Southern Cross: Die lange Reise eines Songs durch Zeit, Ozeane und Schmerz
Es gibt Songs, die aufblitzen und verblassen – und es gibt Lieder wie Southern Cross, die wie Sternbilder am Himmel bestehen bleiben. Die Geschichte dieses Crosby, Stills & Nash-Klassikers beginnt nicht in einem Studio, sondern in einer Vision – und sie verläuft über fast ein Jahrzehnt in drei entscheidenden Etappen.
Phase 1: Die Geburt der Idee
Irgendwann im Jahr 1974 – während die Welt zwischen Post-Hippie-Ernüchterung und Soft-Rock-Optimismus pendelte – saßen Michael und Richard Curtis, bekannt als The Curtis Brothers, in Los Angeles an einem neuen Album. Unter ihren Entwürfen: ein Song mit dem Titel Seven League Boots. Es war ein poetisches Stück, ein mystischer Entwurf über Sehnsucht, Fernweh und die übermenschliche Kraft der Liebe – getragen von der Metapher der Siebenmeilenstiefel. Gemeinsam mit zwei damals noch nicht legendären Stimmen – Lindsey Buckingham und Stevie Nicks – nahmen die Brüder den Song in den Sound City Studios auf. Doch aus nicht näher bekannten Gründen blieb Seven League Boots im Schatten, unveröffentlicht und fast vergessen.
Phase 2: Der Song trifft den Suchenden
1978, vier Jahre später. Stephen Stills tourt mit Crosby, Stills & Nash durch Europa. Hinter den Kulissen ist die Harmonie der Band längst fragiler als ihr dreistimmiger Gesang. Zwischen zwei Konzerten kurvt Stills mit Produzent Ken Wise in einem Mercedes durch die Alpen – eine Szene wie aus einem Roadmovie. Im Kassettendeck: Demos der Curtis Brothers. Als Seven League Boots erklingt, wird Stills hellhörig. Etwas in der Melodie – vielleicht die schwebende Hoffnung, vielleicht die unterschwellige Traurigkeit – trifft ihn mitten ins Herz. Noch im Auto fragt er, ob er sich dem Song annehmen dürfe. Michael Curtis stimmt zu – der Song hat seinen neuen Kapitän gefunden.
Phase 3: Schmerz, Segel und Sternbilder
Was folgt, ist ein Wendepunkt. Stills befindet sich in einer persönlichen Krise – die Ehe mit der französischen Sängerin Véronique Sanson ist gescheitert, künstlerisch ist er blockiert. In dieser Dunkelheit folgt er dem Ruf seiner Freunde und sticht mit ihnen in See – eine Reise in den Südpazifik, metaphorisch wie real. Auf dem Wasser, fernab von allem, schreibt er die neuen Lyrics: nautisch, sehnsüchtig, voller Wehmut und Reflexion. Southern Cross entsteht – benannt nach dem Sternbild, das Seeleute seit Jahrhunderten über den Ozean führt.
1982 erscheint der Song auf dem Album Daylight Again. Er ist sofort erkennbar als etwas Besonderes: Melancholisch und zugleich erhebend, getragen von der unverwechselbaren CSN-Harmonie – ein Lied über Verlust, Hoffnung und das Weitermachen. Es wird zu einem Klassiker.
Nachglanz: Die neue Stimme des Klassikers
Fast 40 Jahre später erreicht Southern Cross ein neues Publikum – durch eine Coverversion, die mehr ist als bloße Reproduktion. Die semi-professionelle Band Foxes & Fossils aus Atlanta verleiht dem Song eine Frische, die unter die Haut geht. Die weiblichen Stimmen – angeführt von Amie Purcell und ihren Freundinnen – gleiten durch die Harmonien wie ein Segel durch die Wellen, während Darwin Conort als Leadsänger dem Lied eine neue emotionale Tiefe verleiht. Über 50 Millionen Aufrufe auf YouTube sprechen für sich: Auch Generationen später finden Menschen Trost, Erinnerung und Richtung im Licht des Southern Cross.