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Modern Talking: Zwischen Massengeschmack und Medien-Mythos
Modern Talking war nicht nur ein Pop-Phänomen – sie waren ein Spiegelbild des deutschen Musikgeschmacks der 1980er und frühen 2000er Jahre. Das Duo aus Dieter Bohlen und Thomas Anders verkaufte zwischen 1983 und 2003 über 120 Millionen Tonträger und gilt bis heute als die kommerziell erfolgreichste Popformation, die Deutschland je hervorgebracht hat.
Was Kritiker als musikalische Monotonie abtaten – »Kennt man einen, kennt man alle« –, war in Wahrheit eine perfekt durchkalkulierte Erfolgsformel. Bohlen, beeinflusst von Eurodance, Italo-Disco und den falsettlastigen Harmonien der Bee Gees, wusste, wie man Hooks schreibt, die Millionen erreichten. Die ersten Singles – »You're My Heart, You're My Soul«, »You Can Win If You Want« und »Cheri Cheri Lady« – schossen allesamt an die Chartspitze. Bohlen selbst bemerkte lakonisch, der Text zum Erstling sei in 30 Sekunden entstanden – »Popoabwischen dauert länger.«
Die erste Trennung 1987 nach 60 Millionen verkauften Einheiten war ebenso dramatisch wie öffentlichkeitswirksam. Ursache: Anders’ Ehefrau Nora Balling, deren Einfluss auf das Projekt vielen als störend galt. Anders, stets mit „Nora“-Kette um den Hals, und Bohlen, damals mit Vokuhila und Dauerbräune, wurden zur Zielscheibe des Spottes – bis hin zu juristischen Auseinandersetzungen mit der Presse.
Während Bohlen sich als Produzent (u. a. Blue System) und später als TV-Persönlichkeit profilierte, blieben Anders' Solo-Versuche glücklos. Die Reunion 1998 schien zunächst ein strategischer Geniestreich – weitere 60 Millionen Tonträger wurden verkauft, doch alte Spannungen führten 2003 zur endgültigen Trennung. Die Vorwürfe: Anders habe sich an der Bandkasse bedient.
Modern Talking feierten weltweit Erfolge – von Russland über Brasilien bis Australien – und schufen ein musikalisches Erbe, das man heute mit einem Augenzwinkern, aber auch mit Respekt betrachtet. Ihre besten Songs sind bis heute feste Größen in jeder 80er-Jahre-Playlist – tanzbar, eingängig, unverwüstlich.