Beim Kauf von 3 Einzelausgaben können Sie eine weitere Ausgabe kostenlos mitnehmen.
Nino de Angelo –
Die ewige Stimme des deutschen Pop
Von einem, der kam, um zu bleiben.
Es gibt Künstler, die kurz aufleuchten und wieder verschwinden – und es gibt Nino de Angelo. Geboren am 18. Dezember 1963 in Karlsruhe als Domenico Gerhard Gorgoglione, hat sich dieser Mann mit italienischen Wurzeln längst einen festen Platz im kulturellen Gedächtnis der Bundesrepublik gesichert. Er ist nicht einfach nur ein Sänger – Nino de Angelo ist der emotionale Seismograf der deutschen Popmusik, ein Mann, der Herzschmerz, Sehnsucht und Pathos mit einer Stimme kanalisiert, die man einmal hört und nie wieder vergisst.
Sein künstlerischer Weg beginnt unspektakulär in den späten 1970er Jahren: als Teenager tingelt er durch diverse Bands, tastet sich musikalisch vor. Doch was dann Anfang der 1980er passiert, ist nichts weniger als ein kometenhafter Aufstieg. Die Teilnahme an der deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest markiert den Wendepunkt – auch wenn er „nur“ den zweiten Platz belegt. Es ist der Auftakt zu einer Karriere, die mit einem einzigen Song in die nationale Pop-Geschichte einschlägt: „Jenseits von Eden“.
Diese Ballade, veröffentlicht 1983, trifft Deutschland mitten ins Herz – und darüber hinaus. Wochenlang dominiert sie die Charts, wird zum meistverkauften deutschsprachigen Titel des Jahres, zum „Hit des Jahres 1983“ gekürt – und avanciert zur Hymne einer Generation. Kaum ein Lied bringt das Lebensgefühl der frühen 80er so präzise auf den Punkt: die Melancholie, das Drama, der Schimmer der Hoffnung inmitten kalter Wirklichkeit. De Angelo singt es nicht – er lebt es.
Doch wer glaubt, Nino sei ein One-Hit-Wonder, hat seine Karriere nicht verstanden. Songs wie „Atemlos“, „Samuraj“ oder „Flieger“ festigen seinen Status als feste Größe in der deutschsprachigen Poplandschaft. Zwischen 1983 und 1989 schafft er es mit sechs Titeln in die legendären BRAVO-Charts – viermal steht er ganz oben. Seine Musik – oft selbstgeschrieben – ist ein Cocktail aus Pathos, Pop und poetischer Verletzlichkeit, getragen von einer Stimme, die auch noch im Schmerz Schönheit findet.
Natürlich bleibt auch sein Weg nicht frei von Brüchen. Gesundheitliche Krisen, private Rückschläge, mediale Schatten – Nino de Angelo ist oft gefallen, aber nie liegen geblieben. Gerade in dieser Resilienz liegt seine Größe: Er ist kein glattpoliertes Popprodukt, sondern ein Mann mit Narben, der seine Kämpfe in Melodien verwandelt. Auch in den 1990ern und 2000ern veröffentlicht er weiter – vielleicht mit weniger Radiopräsenz, aber immer mit dem Anspruch, Musik als Ausdruck seiner Seele zu begreifen.
Nino de Angelo ist mehr als ein Sänger: Er ist Musiker, Songwriter, gelegentlich Schauspieler – und vor allem ein Überlebender im besten Sinne. Seine Musik hat sich gewandelt, doch seine Stimme bleibt konstant: eine warme, manchmal fast flehende Klangfarbe, die immer ganz nah am Hörer ist. Ob orchestrale Ballade oder Synthie-Cover – seine Interpretationen tragen eine Signatur, die nicht kopiert werden kann.
Dass Nino auch als Interpret anderer Werke brilliert, zeigt er eindrucksvoll mit seiner Version des Joachim-Witt-Klassikers „Goldener Reiter“. Statt bloßer Nachklang ist sein Cover ein eigenständiges Statement – düsterer, persönlicher, fast wie ein Rückblick auf seine eigene Geschichte zwischen Glanz und Abgrund.
Fazit: Nino de Angelo ist kein Relikt – er ist ein Fels in der Brandung der deutschen Musikgeschichte. Seine Balladen sind nie nur Lieder, sie sind emotionale Chroniken, in denen sich Millionen Hörer bis heute wiederfinden. Wer ihn hört, hört nicht nur Musik – er hört ein Leben. Und das ist vielleicht das Größte, was ein Künstler leisten kann.